Die schwarze Göttin des Todes und der Begräbnisstätten hält Einzug in die Spirituelle WG am Prenzlauer Berg…

Fast eineinhalb Jahre sind vergangen, seit ich die Einweihung für Throma – die tibetisch-buddhistische Praxis der zornvollen Göttin des Todes – erhielt. https://www.water-runs-east.eu/zwanzig-sterben-teil-eins/

Uriel hatte mich damals eingeladen, in seinem Retreathaus am Ende der Welt an einem sehr speziellen Retreat teilzunehmen. https://www.water-runs-east.eu/hypnoticed/

In Sanskrit lautet der Name der Göttin der Friedhöfe und Verbrennungsstätten „Krodhi Kali“. Die Tibeter nennen sie „Throma Nagmo“.

Sie repräsentiert die dunkle Seite des Lebens: Vernichtung, Tod, Zerstörung.

In der tibetisch-buddhistischen Throma-Praxis wird diese zornvoll-destruktive Energie gereinigt und zum Wohle aller fühlenden Wesen nutzbar gemacht.

Thorma gehört zu den anspruchsvollsten tibetisch-buddhistischen Praktiken, die mit der Visualisierung einer Buddha-Emanation arbeiten. Die Sadhana – der uralte Praxis-Text – ist lang und kompliziert. Der Einsatz der Musikinstrumente – Glocke und Handtrommel – anspruchsvoll.

Die Energie, die – durch die visualisierten Bilder, den Gesang, die Musik und die Rezitation des Mantras der Throma Nagmo – freigesetzt wird, ist schwer auszuhalten.

Throma Nagmo ist der Inbegriff aller Urängste.

Deshalb störte es mich nicht wirklich, dass ich – nachdem das erste Throma-Retreat überlebt war – nicht mehr mit der zornvollen Göttin des Todes in Berührung kam.

Obwohl ich ihr einen Schwur geleistet hatte!

Allerdings, ohne dass mir dies in diesem Moment bewusst gewesen war. Denn der liebenswerte nepalesische Lama, der mir die Einweihung und Übertragung für Throma gab, tat dies – wie es im Tantra Tradition ist – in Tibetisch.

Während der Zeremonie hatte ich den tibetischen Text vorschriftsmäßig mit ihm gemeinsam rezitiert. Allerdings hatte ich nur die Lautschrift gelesen, die unter den tibetischen Schriftzeichen stand. Ohne zu verstehen, was ich da eigentlich sagte.

Um mir gleichzeitig auch noch die englische Übersetzung durchzulesen, rezitierte der nepalesische Lama viel zu schnell.

Als das Zeremoniell vorbei war, nahm mich Uriel zu Seite. „Hast du eigentlich mitbekommen, dass du einen Schwur geleistet hast?“, fragte er mich.

Ich schaute ihn blöde an: „Habe ich das?“

Er nickte ernst: „Du hast gerade eben das Gelübde abgelegt, dass Du Throma Nagmo immer ehren und ihr folgen wirst.“

Um seine Mundwinkel zuckte es: „Im Zufluchts-Text steht: Solltest du diesen Schwur brechen, wird ein zornvoller Beschützer der Throma Nagmo deine Halsschlagader mit seinen Zähnen und Klauen zerreissen und du wirst verbluten.“

Aha.

Gloomy prospects.

Aber jetzt war es passiert. Schwur war Schwur. Und Tantra-Schwüre sind noch einmal eine Kategorie für sich.

Am Ende des Retreats im März 2023 in Uriels Mühle wurde die Sache mit Throma für mich noch einmal komplizierter!

Als wir uns alle voneinander verabschiedeten, fragte ich den nepalesischen Lama, ob er damit einverstanden wäre, wenn ich den zornvollen Gott Vajrakilaya zu meiner Hauptpraxis machen würde? https://www.water-runs-east.eu/vajrakilaya/

Nach anfänglichem Widerstand hatte ich mich in den blauen zornvollen Gott mit den acht Armen, den drei Köpfen und den Flügeln verliebt. https://www.water-runs-east.eu/fluegel/

Die mächtige Buddha-Emanation Vajrakilaya – beschloss ich – sollte meine Hauptpraxis werden!

Denn jeder, der tibetisch-buddhistisches Tantra praktiziert, braucht eine Praxis, die er über einen langen Zeitraum täglich ausführt.

Für mich war nach dem Retreat klar: Was gibt es schöneres, als mit diesem coolen blauen Gott meine Tage zu verbringen? https://www.water-runs-east.eu/punktlandung/

Zu meiner Enttäuschung schüttelte der kleine runde Lama entschieden den Kopf, als er mein Ansinnen vernahm.

„No, no!“, erklärte er mir freundlich, aber unerbittlich, „your pracitce is Throma!“

Ich wäre beinahe in Ohnmacht gefallen!

Aber was der Lama sagt, gilt! Tibetisch-buddhistisches Tantra ist kein Gemischtwarenladen, indem man aus dem Regal nimmt, was am appetitlichsten aussieht. Es ist der Weg zur Erleuchtung.

Welche Praxis dem individuellen Schüler den Weg dorthin weißt, bestimmt der Lehrer. Er verschreibt die Sadhana wie eine Medizin.

Ich beugte mich also meinem Schicksal und versprach, in Zukunft Throma zu praktizieren.

Allerdings kam dann alles anders als geplant. In den letzten eineinhalb Jahren ist viel passiert.

Eine Seltsamkeit jagte die nächste. Wunder geschahen am laufenden Band.

Erfreuliche Wunder – und solche, die sich erst im Rückblick als positiv herausstellten.

Die Verkettung dieser schrägen Geschehnisse hinderten mich daran, weiterhin Throma Nagmo zu huldigen.

Dafür brachten sie mich in das tibetisch-buddhistische Zentrum von Berlin-Friedrichshain. https://www.water-runs-east.eu/das-buddhistische-zentrum/

Und schnenkten mir eine andere Hauptpraxis:

Grüne Tara.

Die friedvollste, mütterlichste und angstbefreienste aller tibetisch-buddhistischen Sadhanas.

Das absolute Gegenteil von Throma Nagmo.

Innerlich atmete ich auf. „Ich würde ja gerne Throma praktizieren“, erklärte ich der zornvollen Göttin des Todes im Stillen, „aber, wie du siehst, geht es nicht! Kein Lehrer, keine Sangha – ich kann nichts dafür!“

Throma Nagmo schwieg.

Nachdem meine Halsschlagader unverletzt blieb und sich mein Leben in positiver Weise entwickelte, ging ich davon aus, dass die Göttin der Friedhöfe ein Einsehen mit mir hatte.

Vor drei Wochen – in der Nacht vom achten auf den neunten Juli – stellte sich heraus: Sie hat mir nur eine Pause gewährt.

Eineinhalb Jahre, in denen ich meine Angelegenheiten in einer Weise ordnen konnte, die meiner Throma-Praxis günstig sind.

Denn in jener Nacht tauchte sie wieder auf. Der Traum, in dem sie mir erschien, war so kraftvoll wie verstörend.

Als ich am nächsten Morgen das Internet aufrief, stand ich immer noch unter Schock. Ich brauchte nur fünf Minuten, um zu tun, was zu tun war.

Zehn Tage später wickelte ich die Statue der Throma Nagmo aus ihrer Plastik-Hülle. In der Versandbox entdeckte ich zwei Gratis-Packungen tibetischer Räucherstäbchen – „handmade“ – und eine bunte Postkarte: „Thank your for ordering!“, las ich. Und: „With best greatings from Nepal!“

Throma Nagmo ist wieder in mein Leben zurückgekehrt.

Am 19. Juli 2024 hielt sie Einzug in die Spirituelle WG am Prenzlauer Berg.

Sie ist ganz sicher nicht ohne Grund gekommen…