Mitten in Berlin-Friedrichshain lebt und wirkt ein Schutzengel…

Irgendwo in Berlin-Friedrichshain, in der Nähe der Warschauer Straße, lebt ein Schutzengel Namens Israfel.
Dass er Teil der himmlischen Heerscharen ist, sieht man ihm nicht an. Gott entschied, Israfel undercover in dieses Leben zu schicken, damit er seiner Aufgabe gerecht werden kann.
Lediglich Israfels rundlicher Körper lässt den Cherub erahnen. Damit trotzdem niemand seine geheime Mission vermutet, ist er von kleiner Gestalt, trägt einen wilden, schütteren Bart und sackartige Kleidung in Batikoptik.
Der göttliche Wille hat Israfel darüber hinaus mit einer ausgeprägt häuslichen Ader beschenkt: In seinen Musestunden dreht der kleine Schutzengel die Spindel, strickt und näht. Aus allem, was ihm vor die Nase kommt, bäckt er köstlichen Kuchen, den er großzügig an die Hungrigen seiner Umgebung verteilt.
In allem was Israfel tut, unterwirft er sich folgsam dem Auftrag, mit dem ihn sein Herr auf diese Erde gesandt hat: Er schützt, liebt und sorgt. Der Blick Gottes ruht deshalb mit Wohlgefallen auf seinem zarten Engel.
Der Erhabene kennt Israfel gut, obwohl der in der Hierarchie einen niedrigen Rang einnimmt und unzählige Kollegen hat: als Schutzengel gehört er zum neunten – und letzten Chor – der himmlischen Heerscharen.
Die Angestellten dieser Abteilung des Himmels sind das Fußvolk unter den Engeln.
Schutzengel, aus dem Tau des göttlichen Atems geboren, hatten schon immer einen aufreibenden und undankbaren Job: Mit ihren bescheidenen magischen Mitteln müssen sie seit über 4000 Jahren Menschen beistehen, die ihrer Natur nach verbohrt, uneinsichtig und nur schwer lenkbar sind.
Die spirituellen Zumutungen der Moderne haben die Aufgabe der Schutzengel nicht leichter gemacht.
Schutzengel, die von ihren Vorgesetzten in die Schwäbische Alb oder in den Bayerischen Wald entsandt werden, lobpreisen und jubilieren ob dieser Nachricht über Tage. Sie wissen, dass ihre Magie an diesen Orten noch wirken kann, ohne dass sie Gefahr laufen, einen Burnout zu erleiden.
Israfel dagegen ist da gelandet, wo kein vernünftiges Mitglied des neunten Chores hin möchte: Berlin! Und dann auch noch Berlin-Friedrichshain!
Hier, als kleiner rundlicher Schutzengel in Batikkleidung und mit Fusselbart, dem göttlichen Willen gerecht zu werden, erfordert Einfallsreichtum und Flexibilität.
Israfel hat, nach längerem Suchen, eine brillante Lösung gefunden! Er hat seine Kommandozentrale in ein tibetisch-buddhistisches Zentrum in Berlin-Mitte verlegt. Von dort geht er – unerkannt und bescheiden – seiner himmlischen Aufgabe nach.
Er hat den Segen seines Schöpfers dafür erhalten.


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