Meine Entscheidung, Buddhistin zu werden, katapultiert mich vier Jahre später in das gottlose Berlin-Friedrichshain…

Nach dem Probe-Wohn-Wochenende spricht alles dafür, dass ich zukünftig einen Schutzengel als WG-Genossen haben werde. https://www.water-runs-east.eu/israfel/

Meine Innere Stimme hat schließlich beschlossen, dass ich nach Berlin ziehen soll. https://www.water-runs-east.eu/metropole/

Und Karma hat das passende Zimmer dafür geliefert. https://www.water-runs-east.eu/probe-wohnen/

Israfels Wohnung ist gerade einmal 900 Meter von Suriyels Tibetisch-Buddhistischem Zentrum in Friedrichshain entfernt. https://www.water-runs-east.eu/das-buddhistische-zentrum/

Genau dieses Zentrum ist – so meine Vermutung – das eigentliche Ziel meines unfreiwilligen Umzugs: Damit ich weiterhin Fortschritte in meiner Meditationspraxis mache, muss ich dorthin. Und nicht nur als Gast. Ich muss Teil der Gemeinschaft werden.

Buddhistin unter Buddhisten.

Denn ich bin Buddhistin. Ich habe Zuflucht genommen.

Die Zufluchtnahme ist ein magischer Pakt zwischen Lehrer und Schüler: Der Lehrer verspricht, alles zu tun, um den Schüler dabei zu unterstützen, Buddhaschaft zu erlangen. Und der Schüler verspricht dem Lehrer, alles zu geben, um dieses Ziel zu erreichen.

Wenn einer von beiden dieses Versprechen – Samaya – bricht, hat das weitreichende negative karmischen Konsequenzen. Über viele Leben – so heißt es – ist in diesem Fall der Zugang zu den Lehren Buddhas versperrt.

Deshalb sollte man niemals leichtfertig Zuflucht nehmen zu Lama, Dharma und Sangha…

Man nimmt nämlich nicht nur zum Lehrer Zuflucht – dem Lama – sondern gleichzeitig auch zur Lehre Buddhas – dem Dharma – und zur Gemeinschaft der buddhistischen Praktizierenden – der Sangha.

Vor vier Jahren habe ich zu meiner Khandro Zuflucht genommen. Dadurch bin ich zur Buddhistin geworden.

Ohne jede Begeisterung – um es vorsichtig zu formulieren. Ich war schließlich durch und durch katholisch.

Die Zufluchtnahme war der Preis, den ich bezahlen musste, um „mein“ Mantra zu bekommen. Vajra Armor. Es ist speziell.

Ich wusste zu diesem Zeitpunkt nichts darüber. Niente! Nothing!

Abgesehen davon, dass ich es unbedingt brauchte. Weil dies meine Innere Stimme beschlossen hatte.

Die monatelange Dauerklage meines Egos – dem das Mantra schnurz-piep-egal war und das bei dem Gedanken, Buddhistin zu werden, Krämpfe bekam – hatte nichts daran geändert. https://www.water-runs-east.eu/zazen/

An einem sonnigen Donnerstag im Oktober 2019 nahm ich also Zuflucht bei der Khandro. Zum Erstaunen meines Egos fuhr während des Ritus kein Blitz vom Himmel und erschlug mich.

Vier Jahre später ist diese Zufluchtnahme auf einmal wieder sehr präsent. Denn während des Mönlam – des tibetischen Gebetswochenendes – habe ich mich zum ersten Mal als Teil einer buddhistischen Gemeinschaft gefühlt. https://www.water-runs-east.eu/moenlam/

Buddhistin unter Buddhisten. So wie es eigentlich sein soll. Und wie ich es in der Zufluchtnahme versprochen hatte.

In meinem Untermietzimmer in Leipzig steigen während der Morgenmeditation Bilder in mir auf.

Die Khandro mit ihrem prächtigen tibetischen Hut. Ihr langes blondes Haar glänzt im Licht der warmen Herbstsonne. Gedämpft klingt das Rauschen eines Wildbaches herein. Eine Fliege brummt am Fenster.

Der gleichförmige tibetische Singssang der Khandro erfüllt den Raum. Sie schwenkt eine Bhumpa – die tibetische Ritualvase mit geweihtem Safranwasser – über meinem Kopf.

Alles ist vollkommend fremd, zutiefst beängstigend – und gleichzeitig auf seltsame Weise vertraut…

Die Bilder, die aus meinem Inneren aufsteigen, sind so intensiv, das mir ist, als würde ich alles hier und jetzt erleben. Der Geruch der brennenden Räucherstäbchen. Ihre zarten Rauchfäden, während die Khandro das geheimnisvolle Ritual vollzieht.

Die Energie ist atemberaubend.

Ich fühle, wie ich, als alles zu Ende ist, schwankend aufstehe, mich ungeschickt vor der Khandro verbeuge – dabei einen Dank stammelnd – und aus dem Schreinraum stolpere.

Der schmale Flur liegt dunkel und kalt vor mir. Die Tür auf der anderen Seite ist halb geöffnet. Stimmengewirr dringt zu mir. Ich mache ein paar Schritte und stehe in der Küche des unbekannten Hauses. Um einen großen Tisch sitzen Fremde, ins Gespräch vertieft.

Der erste, auf den mein Blick fällt, ist Suriyel. https://www.water-runs-east.eu/vier-transformation-teil-zwei/

Ich schnappe auf meinem Meditationskissen im grauen Leipzig erschrocken nach Luft. Das hatte ich vollkommend vergessen!

Nach der Zufluchtnahme und dem daran anschließenden Vajra-Armor-Retreat kehrte ich nach Hause zurück in der naiven Annahme, ich könne mein Leben weiterleben wie zuvor.

Aber während folgenden zwei Jahren zerbrach meine Existenz. Alles was geschah, war mir völlig unverständlich. Eine Aneinanderreihung von Katastrophen, denen ich hilflos ausgeliefert schien.

Am Ende finde ich mich in einer verwunschenen Altbauwohnung in Leipzig wieder. Dort lebe ich zur Untermiete. Zusammen mit einem Theurang und zwei verschrobenen Mitbewohnern. https://www.water-runs-east.eu/spirits/

Auch hier ist die Energie atemberaubend. Atemberaubend negativ.

Mehr als ein Jahr muss ich das aushalten, bevor ich bereit bin, die Rettung anzunehmen. Sie kommt in Form von Suriyels Riwo Sang Chöd. https://www.water-runs-east.eu/rauch/

Dreieinhalb Jahre nach meiner Zufluchtnahme finde ich mich wegen des Rauchopfers das erste Mal in Suriyels Tibetisch-Buddhistischem Zentrum in Berlin-Friedrichshain ein. https://www.water-runs-east.eu/praxis/

Mit dem gleichen Widerwillen, mit dem ich Zuflucht nahm. https://www.water-runs-east.eu/das-buddhistische-zentrum/

Und wieder das Gefühl vollkommener Fremdheit – und gleichzeitig seltsamer Vertrautheit.

Das fahle Grau der Morgendämmerung fällt durch die hohen Altbaufenster. Auf meinem Meditationskissen sitzend, starre ich auf den ausgetretenen Parkettboden. Alles um mich dreht sich.

Ich habe – wird mir in diesem Moment bewusst – an dem Tag, an dem ich Zuflucht nahm, den gesamten Dreiklang des Buddhismus geschenkt bekommen: Dharma, Lama und Sangha!

Verbohrt wie ich war, konnte ich nur eines davon – den Lama in Gestalt der Khandro – akzeptieren.

Bis ich in der Lage war, auch die anderen beiden Gaben meiner Zuflucht annehmen zu können, musste ich lange und intensiv leiden.

Vier Jahre, um genau zu sein…