Ich besichtige das WG-Zimmer im Haus einer „Spirituellen Heilerin“ in Berlin-Mitte – und beschließe, an den Prenzlauer Berg zu ziehen…

Neun Tage nach der überraschenden Antwort auf mein Zimmer-Gesuch mache ich mich auf den Weg zum Prenzlauer Berg. https://www.water-runs-east.eu/?p=7288&preview=true
Als die Sonntagspraxis im Buddhistischen Zentrum in Friedrichshain zu Ende gegangen ist, nehme ich die Ringbahn.
Draußen zieht Berlin-Mitte vorbei. Drinnen hocken und stehen Berliner in allen Variationen: Übergewichtige Frauen mit künstlichen Wimpern und Fingernägeln in knallengen Jeans. Rentner in Wanderkluft. Eine Familie mit Bollerwagen. Zugekiffte Jugendliche. Ein schwarz gekleidetes Pärchen mit ganz vielen Tattoos.
Und dazwischen: Ich. Beschäftigt mit der bangen Frage, was ich hier – bitteschön – soll? https://www.water-runs-east.eu/metropole/
An der S-Bahn-Station „Schönhauser Allee“ muss ich aussteigen. Erst geht es ein Stück die vierspurige Straße entlang. Dann biege ich in eine ruhige Seitenstraße ein.
Während ich – die Hausnummern abzählend – den Gehweg entlang laufe, spüre ich ein unangenehmes Ziehen im Magen. Die Angst hat mich fest im Griff.
Denn die Situation, in die ich mich selbst laviert habe, ist wieder einmal mehr als befremdlich.
Zuerst zwang mich meine Innere Stimme, ein schräges Zimmer-Gesuch online zu stellen. Tenor: „Ich bin dauermeditierende Buddhistin und Autorin.“ https://www.water-runs-east.eu/?p=7288&preview=true
Darauf kam umgehend eine Antwort. Von einer „Spirituellen Heilerin“.
Später wird sich herausstellen, dass dies das einzige seriöse Angebot auf meine Anzeige bleiben wird. Alles andere, was sonst noch in meinem Postfach aufploppt, ist Scam. Die akute Wohnungsnot in Berlin zieht jede Menge Betrüger an.
So erfreulich die Offerte deshalb ist: Ein weniger exotisches Zimmerangebot wäre mir lieber gewesen. Ich hause schließlich seit beinahe zwei Jahren – zusammen mit zwei verschrobenen Mitbewohnern und einem Theurang – in einer verwunschen Altbauwohnung in Leipzig. Zur Untermiete. Das ist so anstrengend wie bedrückend. Nicht nur mein Ego findet, dass ich mir etwas Erholung und Normalität verdient hätte.
Das aktuelle Angebot klingt nicht danach.
Ich bin vor der richtigen Hausnummer angekommen. Ein schmales modernes Townhouse in freundlichem Gelb. Nervös drücke ich den Klingelknopf. Wie wohl eine „Spirituelle Heilerin“ aussieht?
Ganz normal, stellt sich heraus, als die Haustür aufgeht. Esther ist klein, blond, energisch und herzlich.
Ich werde eingelassen und bekomme das Haus präsentiert. Das ist toll: hell, in schönen Farben gehalten und großzügig geschnitten. Es gibt eine offene Küche – und sogar einen Garten!
Im dritten Stock schließlich das freie Zimmer. Es handelt sich um ein großes Studio. Inklusive einer eigenen Dachterrasse mit Blick auf die begrünten Innenhöfe des Straßenzugs.
Ich bin sprachlos – was mir nicht oft passiert.
Zwei Stunden später verabschiedet mich Esther. Sie hat mir versprochen, zügig den Mietvertrag zu schicken.
Zum ersten März werde ich an den Prenzlauer Berg ziehen.
Mein Ego ist glücklich und zufrieden darüber. Es könnte sogar sein, dass es die Innere Stimme lobt. Wenn auch nur ganz leise. Obwohl ich nichts gehört habe, würde es mich nicht wundern…
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