Begleitet vom Klappern eines alten Kühlschranks im Laderaum meines Crafters kurve ich seit Wochen quer durch Deutschland…

Am 6. März beseitige ich – beschienen von einer freundlichen Frühlingssonne – die letzten Spuren meines Auszugs aus der Spirituellen WG am Prenzlauer Berg.

Am Ende ist der Laderaum des Transporters leer – bis auf einen alten Kühlschrank. Mit dem fahre ich seit Ende Januar quer durch die Republik spazieren.

Dabei wollte ich überhaupt keinen Kühlschrank!

Ich verdanke ihn Suriyel: Der hat sich zu Beginn unseres dreiwöchigen Retreats mit der Khandro in den Kopf gesetzt, dass ein Kühlschrank angeschafft werden muss. https://www.water-runs-east.eu/bedingungen/

Die Tormas – die rituellen Opferkuchen für die Zeremonien – mussten gekühlt werden! Und überhaupt wäre der Kühlschrank in der Gruppenküche zu klein.

„Glücklicherweise haben wir ja jetzt deinen Crafter!“, erklärt Suriyel mir am Vortrag des ersten Retreats. „Damit können wir nach Potsdam fahren und einen Kühlschrank besorgen!“

„Wir“ deshalb, weil Suriyel nicht versichert ist. Ich muss also mit.

Dazu, finde ich, gäbe einiges zu sagen. Aber wenn Suriyel sich etwas in den Kopf gesetzt hat, ist Widerstand zwecklos.

Ergeben reiche ich ihm den Autoschlüssel – wenn er schon nach Potsdam will, soll er selbst fahren – und erklimme den Beifahrersitz.

Während wir über holprige Landstraßen in Richtung Potsdam kutschieren, versuche ich herauszufinden, was er genau vor hat.

„Du willst also für gerade mal drei Wochen Retreat einen neuen Kühlschrank kaufen? Und was machst du mit dem, wenn das Retreat zu Ende ist?“

„Dann spende ich den Kühlschrank dem Buddhistischen Zentrum in Friedrichshain. Die brauchen auch einen für die Tormas!“

„Hast du gefragt, ob die den haben wollen?“

Hat er natürlich nicht…

Wie gesagt: wenn Suriyel sich etwas in den Kopf gesetzt hat, ist Widerstand zwecklos. Der Kühlschrank wird gekauft werden, ob ich das für sinnvoll halte, oder nicht.

Während Suriyel im Kreisverkehr die dritte Abfahrt nimmt und in die Bundesstraße in Richtung Potsdam einbiegt, überlege ich, ob sich zumindest Details seines Plans modifzieren lassen.

Suriyel ist super sparsam! Viel sparsamer als ich…

„Warum muss es unbedingt ein neuer Kühlschrank sein? Für die drei Wochen würde es doch auch ein gebrauchter tun? Das wäre viel billiger!“

„Das stimmt. Aber ich hatte keine Zeit, zu suchen.“

Noch fünfundvierzig Minuten bis Potsdam, sagt das Navi.

Ich beschließe, die Herausforderung anzunehmen. Es wird sich doch wohl innerhalb einer dreiviertel Stunde ein gebrauchter Kühlschrank auftreiben lassen?

Hektisch rufe ich die EBay-App auf und tippte „Kühlschrank“ und „Potsdam“ ein. Kühlschränke in allen Größen und Preisklassen ploppen auf.

Nein, Suriyel will keinen von Ikea! Wenn schon gebraucht, dann ein Markengerät! Ich unterdrücke ein genervtes Stöhnen und scrolle tiefer.

Da! Ein Miele-Kühlschrank! Für 50 Euro!

„Miele ist gut!“, wird mir vom Fahrersitz beschieden.

Die Anzeige läuft unter „gewerblich“, deshalb ist sogar eine Telefonnummer angegeben.

Der Anbieter spricht nur gebrochen Deutsch, deshalb dauerte es etwas, bis ich verstehe, dass er dringend zum Zahnarzt muss! Spätestens in zehn Minuten müsse er los!

Ich tippte die Adresse ins Navi.

„Wir sind in zwanzig Minuten da!“, dränge ich. „Wir zahlen in bar und nehmen den Kühlschrank sofort mit, wenn er okay ist!“

Nachdem ich das Gespräch beendet habe, kann ich Suriyel Vollzug melden: „Er wartet auf uns!“.

„Ich habe kein Bargeld dabei!“, kommt es zurück.

„Ich schon.“

Und so kommt es, dass wir zwanzig Minuten später von einem, von Zahnweh gequältem, Afghanen in den Keller eines Potsdamer Plattenbaus geführt werden.

Dort präsentierte er uns einen ältlichen, mit Priel-Blumen dekorierten, Miele-Kühlschrank. Nicht eingesteckt, natürlich. Es gibt auch weit und breit keine Steckdose. Eile tat Not – der arme Mann musste schließlich zum Zahnarzt – deshalb beschließen wir, nicht lange zu fackeln und den Kühlschrank einfach mitzunehmen.

Suriyel und der Afghane tragen den Kühlschrank die Treppen hoch, über den Gehweg zum Crafter und hieven ihn hinein.

Während Suriyel den Kühlschrank im Laderaum sichert, drücke ich dem Verkäufer auf dem Gehweg fünfzig Euro in die Hand, wünsche viel Glück beim Zahnarzt und baldige Genesung!

Die späte Nachmittagssonne lässt die Wasserflächen von Flüssen und Seen leuchten. Ein erster Hauch von Frühling liegt in der Luft.

Es ist ein wunderschöner Tag, stelle ich fest, während wir quer durch das Havelland zurück zum Yoga-Ressort fahren.

Es ist der Tag, an dem ich aus Versehen einen Kühlschrank gekauft habe!

Suriyel sei Dank!

Nach unserer Rückkehr beschäftigt mich der Gedanke, was ich mit dem Kühlschrank anfangen soll, wenn das Retreat zu Ende ist?

Im Buddhistischen Zentrum von Friedrichshain wollen sie ihn nicht haben, vielen Dank der Nachfrage…

Vier Tage nach dem spontanen Kühlschrank-Kauf erhalte ich die Zusage, dass ich das Alte Pfarrhaus von Dewitz kaufen und daraus ein Buddhistisches Seminarhaus machen kann. https://www.water-runs-east.eu/retreathaus/

Damit habe nicht nur ich, sondern auch der alte Miele-Kühlschrank seinen Bestimmungsort gefunden…