Der Kauf des alten Pfarrhauses ist ein langwieriger Prozess. Die Zeit des Abwartens bringt mich mit überkommenen Glaubenssätzen in Berührung…

Nach aufregenden Wochen, in denen sich die Ereignisse geradezu überschlugen, kehrt Anfang November Ruhe ein. Einiges muss geklärt werden, bevor ich das Pfarrhaus kaufen kann. https://www.water-runs-east.eu/besichtigung/
Es bleibt mir nichts, als abzuwarten und mich in Geduld zu üben.
Ich versuche, die Situation als Geschenk zu nehmen: jetzt kann ich endlich in der Tiefe darüber nachdenken, was eigentlich seit dem 24. September – der Nacht, in der ich von dem Pfarrhaus geträumt habe – mit mir und meinem Leben geschehen ist. https://www.water-runs-east.eu/weiher/
Das habe ich auch bitter nötig. https://www.water-runs-east.eu/schock/
„Jedesmal wenn wir uns sehen, erzählst du mir mindestens zwei Mal die Story vom Pfarrhaus“, konstatiert Israfel freundlich. „Man merkt, dass du die ganze Zeit versuchst, dir einen Reim daraus zu machen.“ https://www.water-runs-east.eu/israfel/
Wie gut, dass ich kluge – und geduldige – Freunde habe!
Allen ist nachvollziehbar, dass mich der Gedanke, die Verantwortung für ein sanierungsbedürftiges denkmalgeschütztes Ensemble zu tragen, einschüchtert.
Dass ich plane, alleine in dem riesigen alten Pfarrhaus zu leben, finden alle „mutig“.
Meine Trauer darüber, dass meine unbeschwerte Zeit in Berlin ein schlagartiges Ende gefunden hat, wird von allen nachempfunden.
Trotzdem habe ich das Gefühl, dass niemand versteht, was gerade mit mir los ist – inklusive ich selbst!
Blind tastend bewege ich mich durch meine Gedanken- und Gefühlswelt. Mir ist, als wäre ich unversehens auf einem unbekannten Planeten gelandet!
Dass ich mir selbst ein komplettes Rätsel bin, kränkt mich.
Wo ich doch immer so wunderbar selbstreflektiert bin! Meditiere, psychologisiere – immer auf der Jagd nach den Schatten meiner Persönlichkeit! https://www.water-runs-east.eu/eins-mein-teufel/
Und gerade als ich dachte, ich hätte einen Lebensstil und ein Lebensumfeld gefunden, das perfekt zu mir passt – Päng!!!!
Irgendwas ist ganz offensichtlich schief gelaufen…
Ich komme zu dem Schluss, dass es auf folgendes Problem hinausläuft: entweder ich habe mich in meinem alten Lebenskonzept getäuscht – oder ich täusche mich jetzt in meinem neuen!

Moment mal: Kann es sein, dass ich mich gerade von einer falschen Dichotomie narren lasse?
Dass ich unter der irrigen Vorstellung leide, mein alter und mein neuer Lebensentwurf würden sich gegenseitig ausschließen?
Dass ich irgendwo in der Tiefe die Überzeugung mit mir herumtrage, dass ich mich von meinem alten Ich verabschieden muss, damit ich meiner zukünftigen Lebensaufgabe gewachsen sein werde?
Das ist doch wohl Unfug?!
Was spricht dagegen, auch in Zukunft sonntägliche Praxistage im chaotischen tibetisch-buddhistischen Zentrum von Friedrichshain zu verbringen? Hinterher den Australiern des „Salami-Social-Club“ in der Frankfurter Allee dabei zuzusehen, wie sie zu Punkrock Pizza backen?
Und mit einem Pizzakarton auf dem Beifahrersitz zum Pfarrhaus in die Mecklenburgische Provinz zurückzukehren?
Gut: Fahrtstrecke 100 Kilometer. Nicht um die Ecke, aber bewältigbar.
Es geht weniger um den Aufwand, stelle ich fest, sondern um ein bestimmtes Konzept:
Irgendwie scheine ich die Wirklichkeit unter der Prämisse zu betrachten, dass es nicht möglich ist, Verantwortung zu tragen – und gleichzeitig entspannt Spaß zu haben!
Wo ich die Idee wohl herhabe?
Ich vermute, es handelt sich um eine traditierte transgenerationale familiäre Weisheit.
Oder wohl besser: um eine Angstbewältigungsstrategie…
Meine aktuelle Arbeitshypothese ist, dass der Glaubensatz, der mir – sicher in bester Absicht – mitgegeben wurde, in etwa lautet: „Wenn du Besitz hast, musst du Tag und Nacht arbeiten und darfst dich niemals entspannen und Spaß haben, sonst wirst du zur Strafe alles verlieren!“
Kein Wunder, dass ich so verzweifelt von der Aussicht bin, das Pfarrhaus zu kaufen!
Dabei ist in meiner Familie meines Wissens nach noch nie jemand verarmt!
„Genau deshalb!“, rufen mir meine Ahnen zu. „Weil wir uns nie entspannt haben! Weil wir immer auf der Hut waren!

Es ist wohl an der Zeit, ein neues Kapitel der Familiengeschichte zu beginnen…
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